Daten / Forschungsdaten

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Jonathan D. Geiger Autor*inneninformationen

DOI: 10.17175/wp_2023_003_v2

Nachweis im OPAC der Herzog August Bibliothek: 183976709X

Erstveröffentlichung: 25.05.2023

Version 2.0: 14.03.2024

Lizenz: Sofern nicht anders angegeben Creative Commons Lizenzvertrag

Medienlizenzen: Medienrechte liegen bei den Autor*innen

Letzte Überprüfung aller Verweise: 22.02.2024

GND-Verschlagwortung: Big Data | Forschungsdaten | Daten | Rohdaten | Terminologie | 

Empfohlene Zitierweise: Jonathan D. Geiger: Daten / Forschungsdaten. In: AG Digital Humanities Theorie des Verbandes Digital Humanities im deutschsprachigen Raum e. V. (Hg.): Begriffe der Digital Humanities. Ein diskursives Glossar (= Zeitschrift für digitale Geisteswissenschaften / Working Papers, 2). Wolfenbüttel 2023. 25.05.2023. Version 2.0 vom 14.03.2024. HTML / XML / PDF. DOI: 10.17175/wp_2023_003_v2


Version 2.0 (14.03.2024)

Umformulierungen und Verbesserungen gemäß Open Public Peer Review. Bibliografie aktualisiert und ergänzt.


[1]Synonyme und ähnliche Begriffe: Capta | Information | Intermediärdaten | Linked Data | Linked Open Data | Long Data | Paradaten | Primärdaten | raw data | Zeichen
Pendants in kontrollierten Vokabularen: Wikidata: Q15809982 | TaDiRAH: –

1. Begriffsdefinition

[2]›Daten‹ werden heute überwiegend als eine Art Informationseinheit im Zusammenhang mit Digitaltechnologien verstanden. → Wissenschaftstheoretisch wird der Begriff an sich in der deutschsprachigen Digital-Humanities-Landschaft kaum bearbeitet, eine einheitliche Definition gibt es bis dato nicht. In den geistes- und kulturwissenschaftlichen Traditionen gibt es zwar keinen Dissens hinsichtlich unterschiedlicher technisch verstandener Datenbegriffe. Eine breitere Diskussion gibt es in den Digital Humanities allerdings dort, wo Daten als ›Forschungsdaten‹ in Erscheinung treten. Eine einheitliche Definition liegt aber auch hier (noch) nicht vor und ist vielleicht auch nicht notwendig, da so die Vorteile eines diskursiven Brückenkonzepts erhalten bleiben. Der Begriff bewegt sich in einem Spannungsfeld zwischen sprachlichen Definitionsversuchen, dem praktischen Umgang in Forschungskontexten und wissenschaftstheoretischen Reflexionen.

2. Begriffs- / Ideengeschichte

[3]Zu unserer heutigen alltäglichen Verwendung des Begriffs ›Daten‹ führt der Duden folgende Bedeutungsdimensionen auf:

[4]»1. Plural von Datum
2. (durch Beobachtungen, Messungen, statistische Erhebungen u. a. gewonnene) [Zahlen]werte, (auf Beobachtungen, Messungen, statistischen Erhebungen u. a. beruhende) Angaben, formulierbare Befunde
Herkunft  nach englisch data, Plural von: datum < lateinisch datum, datum
[...]
3. elektronisch gespeicherte Zeichen, Angaben, Informationen
Gebrauch  EDV
[...]
4. zur Lösung oder Durchrechnung einer Aufgabe vorgegebene Zahlenwerte, Größen
Gebrauch  Mathematik
[...]«[1]

[5]Etymologisch stammt der Singular zu Daten – ›Datum‹ – aus dem Lateinischen und leitet sich von ›dare‹ (›geben‹) ab. Er wurde in deutschen Datierungsformen seit dem 13. Jahrhundert verwendet für die Tages- und Ortsangaben eines Schreibens, z. B. bei der Datierung von Briefen. In seiner Bedeutung als ›gegebene Größe, Angabe, Beleg‹ wird ›Datum‹ oder pluralisiert als ›data‹ von der Wissenschaftssprache im 17. und 18. Jahrhundert aufgegriffen.[2] Der eingedeutschte Plural ›Daten‹ wurde seit Beginn des 19. Jahrhunderts verwendet (insbesondere dem englischen ›data‹ entlehnt) und seit den 1950ern verstärkt mit Computertechnik zusammengebracht.[3] Es ist darauf hinzuweisen, dass genauere etymologische Analysen noch ausstehen.

[6]Um der Begriffsentwicklung und den damit einhergehenden Wörtern, Intensionen und Extensionen gerecht zu werden, kann in einer ersten Näherung zwischen verschiedenen Begriffen differenziert werden: (1) einem historischen, expliziten Datenbegriff im nicht-technischen Sinne, (2) einem historischen, aber impliziten Datenbegriff im technischen Sinne und (3) einem modernen, expliziten Datenbegriff (im technischen Sinne).

[7]Unter (1) lassen sich alle Begrifflichkeiten in geisteswissenschaftlichen Traditionen subsumieren, die zwar explizit von ›Daten‹ sprechen, aber nicht in einem technischen Sinne. In der Philosophie war dies beispielsweise der Begriff der ›Sinnesdaten‹, dessen Prägung gemeinhin George Edward Moore und Bertrand Russell zugeschrieben wird, obgleich auch Kant schon von Daten in diesem Sinne spricht.[4] (2) nähert sich dem Datenbegriff extensional. Gemeint sind hier alle zeichenhaften Strukturen, die sich mit unserem modernen technischen Verständnis von Daten decken, aber in ›analoger‹ Form vorliegen (›analoge Daten‹). Beispiele hierfür sind Tabellenstrukturen, wie sie für die Geschichtswissenschaften von Benjamin Steiner untersucht wurden,[5] oder die sozialstatistischen Studien von Adolphe Quetelet (1796–1874). Schließlich umfasst (3) digitale Daten in unserem allgemeinen modernen Sprachgebrauch, also beispielsweise Messreihen, die in digitaler Form vorliegen. Der in diesem Sinne gebrauchte Begriff taucht durchaus in (modernen) geistes- und kulturwissenschaftlichen Diskursen auf (beispielsweise bei Armin Nassehi[6], bei Yuk Hui[7] oder in der Informationsphilosophie von Luciano Floridi[8]). Zudem sei an dieser Stelle auf eine Begriffsdifferenzierung von Rob Kitchin und Martin Dodge hingewiesen, die zwischen ›data‹ (potenzielle Fakten) und ›capta‹ (erhobene Daten) unterscheiden.[9] Diese Begriffsdeutungsversuche weichen in ihrer konkreten Ausgestaltung durchaus voneinander ab, in ihrer Grundkonzeption – Daten verstanden als (digital-)technische Phänomene – stimmen sie aber alle überein.

[8]Im Angesicht dieser Differenzierung: Welches Grundverständnis von ›Daten‹ haben denn die Digital Humanities? Die Begriffstraditionen nicht-technischer Daten (1) spielen hier keine Rolle, doch es gibt auch keinen (prominenten) Dissens in Bezug auf ›analoge Daten‹ (2) oder darüber, dass beispielsweise Messreihen (3) unter Daten zu verstehen sind. ›Daten‹ werden als Daten im modern-technischen Sinne verstanden. Allerdings: Die Digital Humanities sind Forschungsfelder, die mit digitalen Methoden oder weitgehend in digitalen Milieus stattfinden. Die Digitalisierung der Forschungspraktiken führt nicht (unbedingt) zu begrifflichen Friktionen hinsichtlich des (technischen) Datenbegriffs, wohl aber zu Unsicherheiten hinsichtlich des Verhältnisses zwischen ›Daten‹ und den sogenannten ›Forschungsdaten‹, wobei sich diese Frage auch in anderen Disziplinen stellt.

[9]Auffälligerweise gibt es trotz der heutigen Omnipräsenz des Forschungsdatenbegriffs in den Digital Humanities keine umfängliche wissenschaftstheoretische Auseinandersetzung mit diesem – am ehesten noch in Form von sogenannten Trainingsdaten und deren Einfluss auf die Auswertungsergebnisse[10] oder Big Data[11]. Was aussteht, ist allerdings weniger eine begriffliche Transferleistung vom Datenbegriff auf die Forschung, sondern institutionelle Aushandlungsprozesse. Daher muss der Begriff nicht nur als theoretischer Begriff neu gedacht werden, sondern als methodologischer Begriff, der seine Relevanz auf der Ebene des Forschungsprozesses entfaltet und sich in einem Spannungsfeld zwischen Forschungspraxis, Wissenschaftspolitik und Wissenschaftstheorie bewegt. Die folgenden Erläuterungen sollen daher nicht zu einer Definition hinführen, die die produktive Kraft des Forschungsdatenbegriffs als Brückenkonzept zerstören würde, sondern eine ausgewogene Mischung unterschiedlicher theoretischer und politischer Perspektiven auf den Begriff präsentieren.

3. Erläuterungen

3.1 Mehrdeutigkeiten

[10]Für den (technischen) Datenbegriff gibt es in der Praxis eine ganze Fülle von Definitionsvorschlägen unterschiedlichster Qualität. Anhand dieser lässt sich eine (nicht abgeschlossene) Reihe von Attributen identifizieren, die die Intension des Begriffs expliziert und ihn in ein Begriffsnetzwerk einordnet bzw. ihn als Wittgensteinschen Familienbegriff[12] entpuppen lässt: ›Daten‹ ...

  • ... haben eine enge Beziehung zum Zeichenbegriff (z. B. in der Wissenstreppe von North[13]).
  • ... haben eine enge Beziehung zum Informationsbegriff (z. B. bei Floridi[14]).
  • ... haben eine enge Beziehung zum Wertebegriff (im Sinne von Messwerten).
  • ... haben verschiedene Formate (z. B. MP3 oder CSV) bzw. Typen (z. B. boolean oder integer).
  • ... können in unterschiedliche Arten unterteilt werden. Typische Datenarten sind qualitative und quantitative Daten, nominale, ordinale und Intervalldaten oder unstrukturierte, strukturierte und semi-strukturierte Daten.
  • ... haben eine Form. Diese wird hauptsächlich realtechnisch als von Maschinen bzw. dem Computer verarbeitbar oder auf binären Datenträgern speicherbar verstanden.
  • ... sind Abbilder, d. h. sie stehen nicht für sich, sondern für etwas anderes (→ Modell).[15]

[11]In wissenschaftlichen Kontexten lassen sich Daten in mannigfaltigen Formen finden. Die diskursive und rekursive Dynamik des Datenbegriffs lässt zwar eine einheitliche Definition schwer bis unmöglich werden, eröffnet dafür allerdings Spielräume, um die Applikation des Datenbegriffs auf die Wissenschaft (›Forschungsdaten‹) praktischen und systemischen Anforderungen genügen zu lassen. Zu ›Forschungsdaten‹ gibt es (daher) ebenfalls viele Definitionen, die die meisten Forschungs- und GLAM- (Galleries, Libraries, Archives, Museums) Einrichtungen, sowie digitale Infrastrukturprojekte (z. B. die Nationale Forschungsdateninfrastruktur, NFDI) und auch forschungsfördernde Institutionen (z. B. die Deutsche Forschungsgemeinschaft, DFG) in ihrer jeweiligen Forschungsdatenstrategie darlegen.

[12]Die DFG definiert Forschungsdaten beispielsweise primär extensional:

[13]»Zu Forschungsdaten zählen u. a. Messdaten, Laborwerte, audiovisuelle Informationen, Texte, Surveydaten oder Beobachtungsdaten, methodische Testverfahren sowie Fragebögen. Korpora und Simulationen können ebenfalls zentrale Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung darstellen und werden daher ebenfalls unter den Begriff Forschungsdaten gefasst.«[16]

[14]Die wissenschaftlich einschlägige Plattform forschungsdaten.info definiert Forschungsdaten intensional:

[15]»Forschungsdaten sind (digitale) Daten, die während wissenschaftlicher Tätigkeit (z. B. durch Messungen, Befragungen, Quellenarbeit) entstehen. Sie bilden eine Grundlage wissenschaftlicher Arbeit und dokumentieren deren Ergebnisse. Daraus ergibt sich ein disziplin- und projektspezifisches Verständnis von Forschungsdaten mit unterschiedlichen Anforderungen an die Aufbereitung, Verarbeitung und Verwaltung der Daten.«[17]

[16]Neben intensionalen und extensionalen Definitionsvarianten existieren zudem auch funktionale:[18]

  • Forschungsdaten sind alle Daten, die in einem Forschungsprojekt verwendet werden (z. B. die berücksichtigten → Texte).
  • Forschungsdaten sind alle Daten, die in einem Forschungsprojekt anfallen (erzeugt, gesammelt oder beiläufig entstanden; z. B. → Annotationen).
  • Forschungsdaten sind alle Daten, die für die künftige Forschung relevant sein könnten (z. B. Daten der digitalen Projektkommunikation und -organisation).
  • Forschungsdaten sind eine Mischung der drei ersten Kategorien.

[17]Zur Schaffung einer Übersicht über die während eines Forschungsprojektes bzw. in Forschungsprozessen anfallenden Daten hat sich das Modell des Forschungsdatenlebenszyklus herauskristallisiert. Die eigentlich fließenden und oftmals diachronen Phasen in der Forschung werden hier holzschnittartig in üblicherweise sechs Phasen unterteilt und zirkulär angeordnet (vgl. Abbildung 1). Dieser Zyklus ist ein Beispiel für einen Zugriff auf den Datenbegriff in der Wissenschaft, der eine praktische Verwaltung der Forschungsdaten systematisch ermöglicht und seinerseits durch seine Anwendung bestimmte Deutungsräume von Daten stiftet.

Abb. 1: Datenlebenszyklus von Forschungsdaten. [Grafik: forschungsdaten.info 2022]
Abb. 1: Datenlebenszyklus von Forschungsdaten. [Grafik: forschungsdaten.info 2022]

3.2 Differenzen der Begriffsverwendung

[18]Der Datenbegriff als ›Forschungsdaten‹ ist heutzutage in allen wissenschaftlichen Disziplinen inklusive der (Digital) Humanities von zentraler Bedeutung. Wie an den Definitionsbeispielen ersichtlich wurde, gibt es durchaus fachspezifische Unterschiede, was als Forschungsdaten begriffen wird und was nicht. Diese lassen sich allerdings überwiegend auf der extensionalen Ebene finden – die intensionale und funktionale Ebene beziehen sich auf Wissenschaftlichkeit allgemein, sowie wissenschaftstheoretische Überlegungen, die sich beispielsweise auch in der sogenannten guten wissenschaftlichen Praxis manifestieren[19] und daher auch (zumindest tentativ) über Disziplingrenzen hinweg generalisiert werden können.

4. (Gegenwärtige) Kontroversen und Diskussionen

[19]Der Dissens in den Digital Humanities in Bezug auf Forschungsdaten kann also verdichtet werden zu der Frage: Was sind Forschungsdaten (und was nicht) in den jeweiligen Disziplinen und warum? Die praktische Verwaltung von Forschungsdaten sowohl auf der Ebene einzelner Wissenschaftler*innen als auch auf institutioneller und infrastruktureller Ebene erfordert sehr viele Ressourcen für den großen kuratorischen Aufwand, sodass eine Auswahl notwendigerweise getroffen werden muss. Selektionskriterien hierfür lassen sich aus verschiedenen Dimensionen der Ausgangsfrage ableiten und können als Grundlage für eine intensionale bzw. funktionale Definition von Forschungsdaten dienen.[20]

  • Begründungskriterium: Alle Daten, die notwendig sind, um Forschungsergebnisse argumentativ rechtfertigen zu können, sind Forschungsdaten.
    Daten sind nie selbsterklärend und bedürfen daher immer der Deutung (→ Interpretation). Das Verhältnis zwischen Datenbasis und Forschungsergebnis muss logisch – induktiv oder deduktiv – strukturiert sein.
  • Wahrheitskriterium: Alle Daten, die notwendig sind, um aus ihnen einen hinreichenden Anspruch auf die Wahrheit der Forschungsergebnisse ableiten zu können, sind Forschungsdaten.
    Hier geht es um eine Reflexion der Datenbasis selbst. Daten sind niemals ›roh‹[21]: Kognitive Verzerrungen sind in jede Datenbasis eingeschrieben und spiegeln oft soziale Machtstrukturen wider, wie sie beispielsweise in den gender oder decolonial studies herausgearbeitet werden.
  • Reproduktionskriterium: Alle Daten, die im Rahmen einer wissenschaftlichen Forschung auftreten und für die praktische Reproduktion der einzelnen Arbeitsschritte und Ergebnisse notwendig sind, sind Forschungsdaten.
    Insbesondere der Anspruch der Reproduzierbarkeit von Forschung hat zu Ende gedacht weitreichende Konsequenzen. Die Mitpublikation der Datenbasis reicht (meistens) nicht aus, um digitale Prozesse rekapitulieren und reproduzieren zu können – hier bedarf es auch der sogenannten Intermediärdaten (Zwischendaten), sowie der technischen Paradaten, also hinreichenden Angaben über sämtliche (semi)automatischen Transformationsschritte der Daten. So ist beispielsweise bei der Erstellung eines Texts in einem beliebigen Textverarbeitungsprogramm das Betriebssystem irrelevant, da es keinen semantischen Einfluss auf die Daten nimmt. Finden allerdings automatisierte / algorithmische Verarbeitungsschritte statt (z. B. bei der Datenkompression, Konvertierung, Clustering-Verfahren oder Visualisierung) werden die Angaben sämtlicher Parameter der verwendeten Programme und Einstellungen notwendig, um die Prozesse reproduzieren zu können. Freilich macht dies die vorgelagerte Kenntnis darüber, auf welche Parameter, Routinen etc. ein verwendetes Programm überhaupt zurückgreift bzw. zurückgreifen könnte, notwendig (Stichwort: data literacy bzw. Datenliteralität).

[20]Im Anschluss an die Frage, was Forschungsdaten in den Digital Humanities sind und was nicht, finden sich zudem Diskurse, die datengetriebene Forschungsmethoden und Vergleiche zwischen den Datenkulturen unterschiedlicher wissenschaftlicher Disziplinen thematisieren.[22] Außerdem stellt sich die Frage nach der adäquaten Form von Forschungsdaten. Hier sind vor allem die heuristischen FAIR[23]- und CARE[24]-Prinzipien zu nennen, die bereits eine ganze Bandbreite von Aspekten (praktische Zugänglichkeit, Nachnutzbarkeit, ethische Erwägungen etc.) berücksichtigen und damit auch einer praktischen Nachnutzbarkeit (Reproduktion von Forschung, Anschlussforschung, Bildung von Repositorien etc.) Rechnung tragen. Ein weiterer Aspekt ist die Unterscheidung zwischen Forschungsdaten, die Ansprüchen hinsichtlich der Forschung genügen müssen, und wissenschaftlichen Produkten, die aber keine Forschungsergebnisse im engeren Sinne sind, beispielsweise Normdaten, digitale Korpora (die einerseits Forschungsprojekte antizipieren, andererseits Forschungsprojekte überhaupt erst möglich werden lassen), Open Educational Resources (OER) oder Podcasts oder sogar in einem sehr weiten Sinne Daten aus der Projektkoordination. Hier sind noch weitere begriffliche Differenzierungen notwendig, was wieder auf das diskursive Spannungsfeld, in dem der Forschungsdatenbegriff ausgehandelt wird, verweist; nicht zuletzt auch, um nicht sämtliche Daten in der Wissenschaft zu Forschungsdaten im engeren Sinne werden zu lassen. Für eine Beschreibung dieser Aushandlungsprozesse, in denen sich unterschiedliche Anforderungen an Begriffskonstruktionen artikulieren, bieten sich möglicherweise Peter Galisons Konzept der »trading zones« an[25] oder – diskurstheoretischer – Jürgen Links Konzept des Interdiskurses[26].


Fußnoten


Bibliografische Angaben

  • Eckhart Arnold: Forschungsdaten aus wissenschaftstheoretischer Sicht. 2017. PDF. [online]

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  • Stephanie Russo Carroll / Maui Hudson / Jan Chapman / Oscar Luis Figueroa-Rodríguez / Jarita Holbrook / Ray Lovett / Simeon Materechera / Mark Parsons / Kay Raseroka / Desi Rodriguez-Lonebear / Robyn Rowe / Rodrigo Sara / Jennifer Walker: Die CARE-Prinzipien für indigene Data Governance. 01.09.2019. DOI: 10.5281/zenodo.5995059

  • Deutsche Forschungsgemeinschaft: Umgang mit Forschungsdaten. Checkliste für Antragstellende zur Planung und zur Beschreibung des Umgangs mit Forschungsdaten in Forschungsvorhaben. Versionsdatum 21.12.2021. PDF. [online]

  • Deutsche Forschungsgemeinschaft: Leitlinien zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis. Kodex. Stand: April 2022 / korrigierte Version 1.1. PDF. [online]

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Abbildungsverzeichnis