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In der Diskussion um den Status der
In the discussion about the status of
Impulse und anschlussfähige Resultate für die traditionelleren Philologien zu liefern, ist nach unserer Ansicht für die Digital Humanities (DH) aus mindestens zwei Gründen wichtig: aus strategischen, mehr noch aber aus methodologischen. Denn erst die produktive Rückvermittlung ihrer Erkenntnisse und Methoden in den Diskurs der traditionelleren Fachwissenschaften kann den Anspruch der DH auf Zugehörigkeit und Relevanz für die Geisteswissenschaften legitimieren. Unser Beitrag mit seinem exemplarischen Zugriff im Bereich der digitalen Literaturwissenschaft versteht sich als Versuch einer solchen Rückvermittlung digitaler Erkenntnisse in einen Diskurs, der in der traditionellen Goetheforschung geführt wurde und wird. Unsere exemplarische Diskussion der Vermittlungsfrage macht es dabei gegenüber einer rein theoretisch geführten möglich, die Erkenntnisse einerseits den nicht-digitalen Forschungsdisziplinen zugängig zu machen, andererseits das Erkenntnispotential der digitalen Methoden selbst zu reflektieren, und somit die Anschlussfähigkeit methodologischer Aufgabenstellungen der DH in der Binnen- wie in der Außenperspektive kritisch zu thematisieren.
Für rückvermittelbar halten wir insbesondere die Methode des Synthesisierungsversuch
Die in unserem Beitrag exemplarisch untersuchte philologischedurchgehende Idee
Unser Artikel möchte darlegen, wie Entsagung und Ironie als theoretisch anspruchsvolle
literaturwissenschaftliche Konzepte mit digitalen Methoden anhand der
Primärtexte erforscht werden können. Im Unterschied zu anderen
Vorgehensweisen des
Über Entsagung und Ironie wird
in der Goetheforschung jeweils uneinheitlich gesprochen als Kategorien,
Konzepte, Dimensionen, Ordnungsstrategien, Merkmale, Phänomene etc. Der
erste Schritt zu einer digitalen Modellierung ist eine konsistente
Sprachregelung, weshalb wir im Folgenden einerseits von Ironie und Entsagung als
(Beschreibungs-)Merkmalen sprechen werden, andererseits (und in diesem Fall
typographisch markiert durch Kursivierung) von Ironie
und Entsagung als zu operationalisierenden Konzepten.
Unter einem zu operationalisierenden Konzept verstehen wir dabei eine
synthetische Einheit von Merkmalen in systematischer Form. Der zweite
Schritt wird dann eine genauere Definition dieser Konzepte im Zuge der
digitalen Annotation sein. An dem im ersten Teil vorgestellten Fallbeispiel
stellen wir somit im zweiten Teil zwei Vorschläge einer quantitativen und
einen Vorschlag zur qualitativen Operationalisierung im Zuge eines
Den Ausgangspunkt unserer exemplarischen Untersuchung bildet die in der
Goetheforschung virulente Diskussion um die Poetik des Goetheschen
Spätwerks, die häufig mit den Merkmalen Entsagung und Ironie assoziiert
wird. Entsagung und Ironie sind laut der Goetheforschung spezifisch für das
Spätwerk und grenzen es von anderen Werkphasen, zum Beispiel dem Frühwerk,
ab. Insbesondere mit Blick auf Goethes Spätwerk gewinnen Entsagung und
Ironie der Goetheforschung zufolge an Relevanz, weil sie nicht einfach eine
von außen herangetragene Beschreibungskategorie, sondern eine poetische
Qualität darstellen, die in der Struktur einer literarischen Arbeit selbst
zum Tragen kommt.
Dabei sind Entsagung und Ironie von Goethe selbst verwendete Begriffe, die er
im Zusammenhang des Spätwerks erwähnt. Die Goetheforschung hat diese
Begriffe aus Goethes Schriften und Äußerungen übernommen und wendet diese
dann wiederum zur Erklärung eben dieser Schriften an. Hamacher konstatiert daher, dass die Neuere deutsche Literaturwissenschaft, die in der zweiten
Hälfte des 19. Jahrhunderts aus der Goethe-Philologie entstanden war, [...]
sich ihre Begriffe und Methoden über viele Jahrzehnte wesentlich von ihrem
Autor vorgeben [ließ].
Daraus folge die Vermischung von Objekt- und Analyseebene, [welche nicht nur]
die Entwicklung einer begrifflichen Metasprache in vielen Fällen
praxeologischen Verständnisses, wie Martus / Spoerhase es
beschreiben, lassen sich an den Merkmalen Entsagung und Ironie
Verfahrensroutinen und Praktiken der Goetheforschung beobachten. Unter
Praxeologie der Literaturwissenschaft
Praxisformen des Textumgangs, der
Begriffsbildung, der Themenfindung, der Wissensordnung, der Validierung und
Darstellung von Wissensansprüchen, die den literaturwissenschaftlichen
Disziplinen ihr spezifisches Gepräge verleihen
praxeologischen
Rekonstruktionen
Reflexionsmedium und als Demonstrationsobjekt
Zu den Grundbegriffen der Literaturgeschichte gehört die literarisches Einteilungsprinzip
Periodisierung in Epochen
Gesamtzeitraums
Von der Krise und der erneuten Wiederaufnahme des Werkbegriffs seit den
1970er-Jahren scheinbar unberührt, wird der Werkbegriff in der
Goetheforschung – analog zu Goethes eigener Verwendung – in der
Bedeutungsdimension des Gesamtwerks gebraucht.Das Gesamtwerk
, so Martus, sei eine
von der Werkphase und vom Einzelwerk aktivierbare größere Bezugseinheit,
die gegebenenfalls das ›Verstandenwerden‹ des einbezogenen Textes
begünstigt.
dass gerade seine so disparaten Einzelwerke und die so
divergenten Richtungen seiner Produktivität das Einheitsverlangen der
Leser auf eine außerordentliche Art und Weise stimuliert haben.
Trotz ihrer ubiquitären Verwendung in der literaturwissenschaftlichen
Forschung bleiben die Begriffe ›Werkphase‹ bzw. ›Schaffensperiode‹
gegenüber dem Werkbegriff jedoch unterbestimmt.theoretische
Konstrukte
begriffen werden, die einen Teil-Zeitraum
Produkte
von Periodisierungs-Hypothesen
dar, durch die das Gesamtwerk in
Teil-Zeiträume aufgelöst wird. Die Werkphase
ist eine Abstraktion von
den individuellen Besonderheiten der Phänomene eines Teil-Zeitraums, die
bestimmte ihrer Merkmale/Strukturen als ›typisch‹ bzw. ›spezifisch‹
setzt.
Zunächst kann die Einteilung von Werkphasen anhand von übergeordneten
Epochenbegriffen (wie z. B. Sturm und Drang, Weimarer Klassik) oder
Goethes Biographie angeführt werden.Synthesemodell der deutschen Klassik
dreiteilige pyramidale Modell
in
die Werther-Stufe (›das Gefühl des Alls im Einmaligen‹), die
italienische Meister-Stufe (›Anschauung des Allgemeinen in der
besonderen Gestalt‹), und das Spätwerk (›der Gedanke des Gesetzes über
allem Einzelnen‹)
Der junge Goethe, Goethes frühe Weimarer Zeit (1775–1786),
Goethe im Zeitalter der Hochklassik und Frühromantik (1789–1805) sowie Der alte
Goethe.Ortswechseln
erscheine nahezu zwingend
, da jedem
dieser Orte spezifische überindividuelle, allgemein kulturgeschichtliche
Charakteristika
Neben den epochenspezifischen, biographischen, gattungsbezogenen sowie
topographischen treten auch Entsagung und Ironie als Distinktionsmerkmale in der
Goetheforschung auf. Oszillierend zwischen Objekt- und Analyseebene
nehmen sie einen besonderen Stellenwert ein und werden daher im
Folgenden näher beschrieben.
Der folgende Abschnitt stellt in exemplarischer Form Entsagung als ein Entsagung, die insbesondere im 16.
Buch von
In der autobiographischen Schrift Entsagung und Mäßigung im Rahmen seiner
Rezeption von Baruch von Spinozas Werk deutet Goethe diese erste Begegnung
als ›Vorahndungen‹ von etwas, was ihm künftig deutlicher werden
sollte
.Natur der Affekte
was […] der Geist [zu tun] vermag,
nämlich sie [die Affekte] zu mäßigen [...]
.
Unser physisches sowohl als geselliges Leben, Sitten, Gewohnheiten,
Weltklugheit, Philosophie, Religion, ja so manches zufällige Ereignis,
alles ruft uns zu, dass wir entsagen sollen. So manches, was uns
innerlich eigenst angehört, sollen wir nicht nach außen hervorbilden,
was wir von außen zu Ergänzung unsres Wesens bedürfen, wird uns
entzogen, dagegen aber so vieles aufgedrungen, das uns so fremd als
lästig ist.
Goethe entwirft hier, wie Gamm betont, Entsagung vornehmlich [als] die Anerkennung der Bedingtheit des Lebens.
seine Bedürfnisse und Leidenschaften in der Gegenwart selbst zu
beschränken, als in der Zukunft ohnmächtig Verluste zu erleiden.
Entsagung
ist von den Anfängen in Weimar ab 1775 über die naturwissenschaftlichen
Studien bis hin zur Vollendung des zweiten Teil von Entsagung wird gegliedert in drei
Unterbegriffe: Rücktritt, Überwindung und Verzicht.
Was leistet also das Merkmal Entsagung für die
Periodisierung von Goethes Gesamtwerk und vice
versa? Wir können festhalten, dass die Goetheforschung die
Entsagungsthematik aufgreift, um diese für die Lektüre von Goethes
Werken fruchtbar zu machen. Die Relevanz des Merkmals für die
Periodisierung besteht nun darin, dass es in der Goetheforschung zum
einen verwendet wird, um eine größere thematische Einheit
hervorzubringen, welche die Heterogenität und Mannigfaltigkeit der
Einzelwerke von den frühen Werken bis zum zweiten Teil von substantielles Ganzes
begriffen werden, dessen
Teile von sich her, durch ein sie umgreifendes Einheitsprinzip,
verbunden sind.
Entsagung auch als Vergleichsgröße
bzw. als Entsagung in den Primärtexten von einem
thematischen Motiv hin zu einer ethischen Haltung, die sich ästhetisch
artikuliert, bildet die Begründung dafür, einzelne Werke als eine Gruppe
anzusehen.
Dementsprechend geht Held von zwei Entwicklungsstufen des
Entsagungsprogramms aus: Versteht man die Entsagung als Verzicht auf
erotisch-verstandene Liebeserfüllung, so wird man sie bei Goethe früher
angelegt finden als etwa in dem Verständnis einer ausgereiften,
übergreifenden Lebenshaltung.
Wie im
Tasso stehen auch im Werther emotionale Werte (Herz, Seelenadel, Gefühl)
gegen gesellschaftlich sanktionierte Verhaltensnormen (im Werther sind
es solche des Bürgertums, im Tasso solche des Adels).
Goethes Vorstellung von der Entsagung [...] die
mit dem Sturm und Drang assoziierte prometheische Absolutsetzung des
Selbst ab[löst] und [...] den Beginn seiner klassischen Phase
[markiert].
Entsagung dann
explizit zur Beschreibung von Goethes Altersstil und spricht von einer
entsagenden Poesie
.Entsagung wird hier von der Goetheforschung verwendet, um auf
spezifische Besonderheiten der ästhetischen Struktur seiner Texte
hinzuweisen, wie zum Beispiel die Pluralität von Erzählfiguren,
Gattungswechsel etc.
Entsagung wird also als ein sich im Gesamtwerk
entfaltendes literarisches Merkmal verstanden, das sich sowohl
thematisch-motivisch als konkretes Verzichten auf der Handlungsebene als
auch darstellungsästhetisch als Lebensethik auf der Diskursebene
niederschlägt. So konstruiert die Goetheforschung mittels des Merkmals
Entsagung erstens einen von den frühen
Schriften bis zum zweiten Teil von Entsagung als distinguierendes
Merkmal, das einzelne Werke oder eine Gruppe von Werken von anderen
abgrenzt und diese zeitlich verortet.
Im Unterschied zur Entsagung taucht das Beschreibungsmerkmal der Ironie
bzw. die Attribution ironisch vor allem im
Kontext der Beschreibung des Spätwerks auf. Im Vorwort zur
Denn das bloße Anblicken einer Sache kann uns nicht fördern. Jedes
Ansehen geht über in ein Betrachten, jedes Betrachten in ein Sinnen,
jedes Sinnen in ein Verknüpfen, und so kann man sagen, dass wir schon
bei jedem aufmerksamen Blick in die Welt theoretisieren. Dieses aber mit
Bewußtsein, mit Selbstkenntnis, mit Freiheit, und um uns eines gewagten
Wortes zu bedienen, mit Ironie zu tun und vorzunehmen, eine solche
Gewandtheit ist nöthig, wenn die Abstraktion, vor der wir uns fürchten,
unschädlich, und das Erfahrungsresultat, das wir hoffen, recht lebendig
und nützlich werden soll.
Vor dem Hintergrund seiner Kritik an der naturwissenschaftlichen
Abstraktion schreibt Goethe der Ironie eine erkenntnisfördernde Funktion
zu, indem diese zwischen der Erfahrung und dem Verstand vermittelt.
Genauer gesagt, befördert die Ironie einen Schwebezustand zwischen einer
endgültigen begrifflichen Fixierung (dem Allgemeinen) und der konkreten
einzelnen Anschauung (dem Besonderen). So bereitet die Ironie bei Goethe
einen Zugang zum Verständnis der Welt. In [E]igentlich fühlte ich mich aber in
Übereinstimmung mit jener ironischen Gesinnung, die sich über die
Gegenstände, über Glück und Unglück, Gutes und Böses, Tod und Leben
erhebt, und so zum Besitz einer wahrhaft poetischen Welt gelangt.
Gesinnung
fasst das Goethe-Wörterbuch unter anderem eine Geistes-, Denkungs-,
Sinnesart.
In der Goetheforschung herrscht sowohl Uneindeutigkeit darüber, was unter
Ironie zu verstehen ist, als auch über die ästhetischen Formen, in denen
sich Goethes ironische Gesinnung artikuliert.
Honnef-Becker erklärt, dass der Ironiebegriff häufig verwendet wird, um
eine zu untersuchende Form unter einen vagen Oberbegriff zu subsumieren.
[…] Der Begriff ist derartig ausgehöhlt, daß die Kennzeichnung eines
Textes mit dem Attribut ›ironisch‹ eher Verwirrung stiftet als zur
Erkenntnis beiträgt.
Ironie als Kommentierung [...], wobei Parallelen zur
alltagssprachlichen Verwendung offensichtlich sind
und Ironie als
Verweis, von der romantischen Konzeption beeinflußt [...]
Die Goetheforschung verwendet das Merkmal der Ironie in Abgrenzung zur
sogenannten romantischen Ironie.das ständige Heraustreten des Autors aus
seinem Werk, die damit verbundene Brechung der Rezeptionshaltung
[...] und die fortwährende Manifestation der Spannung zwischen dem
Unendlichen und dem Endlichen
, vgl. Müller 2000, S. 188. Unser
Ironie-Tagset (vgl. Abschnitt 4.2) versucht, auch die romantische
Ironie ansatzweise zu operationalisieren.
Man lasse sich […] dadurch, daß der Dichter selbst die Personen und die
Begebenheiten so leicht und so launig zu nehmen, den Helden fast nie
ohne Ironie zu erwähnen, und auf sein Meisterwerk selbst von der Höhe
seines Geistes herabzulächeln scheint, nicht täuschen, als sei es ihm
nicht der heiligste Ernst.
Ebenso beschäftigt Kierkegaard sich in seiner Dissertation zur Ironie
unter anderem bereits mit Goethe. Anders als Schlegel bescheinigt jener
Goethe aber eine beherrschte Ironie
Gestaltungsgesetz
der Ironiestruktur
der von Anfang her ein gewisser ironischer
Umgang mit dem Helden eigentümlich
. Dahingegen sei die Form der direkten
Ironie, d. h. der unmittelbar zu durchschauenden Verstellung der Rede,
höchst selten
.
Die Herausbildung von Ironie als Beschreibungsmerkmal insbesondere für
das Spätwerk geht vor allem auf Bahrs Monographie zurück, zu Beginn
derer er direkt konstatiert: Über Goethes Spätwerk kann man heute nicht
mehr schreiben, ohne das Wort Ironie zu nennen.
Spätwerk fasst er den sehr ernste[…] Scherze
Es geht […] nicht nur um das
Paradox von Ernst- und Scherzhaftigkeit, sondern darum, daß eine
Tragödie als ›Scherz‹, und dieser ›Scherz‹ wiederum als ›sehr ernst‹
bezeichnet werden
. Auch Bahr definiert wie Trunz Ironie als das
Darstellungsprinzip der indirekten Aussage, das so typisch ist für
Goethes Altersstil.
Ironie, die über dem ganzen Werke schwebt
,Das Motiv der Schwebe ist von höchster
Bedeutung für Goethes Dichtung, und die Ironie ist seine
›Lieblingsform‹, weil sie den Zustand der Schwebe herstellt.
›häßlich-wunderbar‹, ›dunkel-hell‹,
›zart-kräftig‹, ›ernst-freundlich‹, ›geeinte Zwienatur‹, ›tätige Weile‹,
›kluge Torheit‹, ›schweres Leichtgewicht‹, ›Rachesegen‹, ›Wechseldauer‹
,
wie auch im häufigen Auftreten der Kombination Scherz und Ernst
bzw.
Spiel und Ernst
,
Tendenziell wird das Merkmal Ironie im Spätwerk vor allem in
narratologisch ausgerichteten Untersuchungen behandelt. Dabei ist es
häufig die Erzählhaltung, die als ironisch beschrieben wird.Mehr-Wissen
des Erzählers
ironische[s] Verhältnis
.Mittel der Distanzierung und als Methode schöpferischen
Offenhaltens
Ironie, so lässt sich resümieren, kann als Gesinnung oder Haltung des späten Goethes beschrieben werden. Die Goetheforschung, insbesondere Bahrs Ansatz, rekonstruiert Goethes Ironie als Merkmal auf der sprachlichen, motivischen sowie narratologischen Ebene. Im Unterschied zur Entsagung scheint das Merkmal Ironie eher der Beschreibung des Spätwerks zu dienen.
Die Periodisierungsversuche ebenso wie die Rekurrenz auf die Merkmale
weisen beispielhaft auf Verfahrensroutinen und deren heuristische
Funktion in der Literaturwissenschaft hin. Dabei hat die
forschungsgeschichtliche Betrachtung der Periodisierung in Werkphasen
gezeigt, dass Goethes Gesamtwerk im Zuge einer immer weiteren
Ausdifferenzierung sowie dem Aufkommen verschiedener turns in kleinere Teil-Zeiträume zerlegt wird. Mit der
Einteilung des Gesamtwerks in chronologische Werkphasen wird ein
lineares Zeitverständnis angenommen und zugleich konstruiert. Die
Mannigfaltigkeit und Disparatheit der Einzelwerke wird mittels der
Werkphasen auf eine sukzessiv verlaufende Achse projiziert. Das
Werkphasen-Modell hat daher eine immanent suggestive Wirkung, in dem es
einen kontinuierlichen Schaffensprozess impliziert.
Entsagung und Ironie sind Beschreibungsmerkmale der Goetheforschung, die
für die Untersuchung von Goethes Werk benutzt werden. Sie bezeichnen
Vergleichsgrößen, die es erlauben, Ähnlichkeiten und Differenzen von
Einzelwerken aufzuzeigen. Während Entsagung als sich entwickelndes
literarisches Phänomen bei Goethe betrachtet wird, wird Ironie
vornehmlich dem Spätwerk, vor allem den
In der Diskussion um den Status der DH als Hilfswissenschaft oder
eigenständiger Disziplin wird häufig die vermeintliche Diskrepanz zwischen
qualitativ-hermeneutischen und quantitativ-statistischen Methoden diskutiert. Trilcke /
Fischer definieren drei Entsagung und Ironie als
Merkmale bei Goethe eine Operationalisierung der Konzepte voraussetzt und
dies entweder dem dritten Szenario (der unmöglichen Operationalisierung)
oder dem zweiten Szenario zuzuordnen ist, bei dem eine partielle
Operationalisierung geisteswissenschaftlicher Begriffe etc.
möglich ist.
Operationalisierung beschreibt dabei mit Moretti den Prozess, komplexe
Konzepte in eine Folge von Operationen zu transformieren und sie im
Umkehrschluss messbar zu machen.describes the process whereby concepts are
transformed into a series of operations – which, in their turn, allow to
measure all sorts of objects. Operationalizing means building a bridge
from concepts to measurement, and then to the world. In our case: from
the concepts of literary theory, through some form of quantification, to
literary texts.
Während die Goethe-Forschung die Konzepte Entsagung
und Ironie in einer Vielzahl von dezidierten
Einzelanalysenallows you to focus on
units that are much smaller or larger than the text: devices, themes,
tropes – or genres and systems
, Moretti 2000, S. 57. Zur Kritik am
Begriff und Herausforderungen in der Übertragung in
geisteswissenschaftliche Disziplinen vgl. Trilcke / Fischer 2016,
passim.Entsagung oder Ironie nicht erprobt worden. Das epistemische Potential der Entsagung
und Ironie in Goethes Texten sowohl inhaltlich als
auch ästhetisch-strukturell ausgeprägt sind, scheinen als digitale Methoden
im Bereich des
Die REntsagung oder Ironie behandelten Werke häufig auch eine
stilistische Ähnlichkeit aufzuweisen und zweitens finden sich im Korpus
zwei in der Forschung bislang vernachlässigte Texte, die hochfrequent
zusammen mit diesen bekannten Texten clustern.
(1) Die in most frequent words
(MFW), zu statistischen Berechnungen (z. B. die Cluster-Analyse oder die
iterative und kombinierte Berechnung mit steigenden MFW für den
Die stilometrischen Untersuchungen zeigen außerdem ein Cluster derjenigen
Prosatexte, die in der Goetheforschung bereits in Hinblick auf Entsagung oder Ironie
besprochen wurden. Anders ausgedrückt: Die – im Sinne der Entsagung und Ironie als merkmalshaft gelten. Stilometrische und
hermeneutische Analyse korrespondieren, und es ist demnach zumindest
nicht auszuschließen, dass Entsagung und / oder
Ironie bei Goethe (auch) sich in den
häufigsten Wörtern seiner Texte niederschlagende Merkmale sind.
(2) Das genannte Cluster kanonisierter Prosatexte (das aber nur
Erzähltexte in der dritten Person und beispielsweise nicht den
Briefroman Entsagung noch mit Ironie in Verbindung gebracht wurden,Entsagung oder Ironie beschäftigen sich
nicht mit diesen Texten. Zumindest in stilometrischer Hinsicht sind sie
jedoch stilistisch mit den bekannteren Werken zu vergleichen und sollten
auf Grundlage dieses Befundes genauer betrachtet werden. In diesem
Zusammenhang ist zu erinnern an Morettis Kritik an den
Kanonisierungseffekten und der oft unbedachte[n] Formulierung
weitreichender Thesen aus einzelnen Lektüren heraus [...]
.
gestoppt werden.R
durchgeführt und dafür das Latent
R, das wir für das
Goethekorpus abgewandelt haben.Entsagung besonders aufmerksam geworden, die in allen
Durchgängen in ähnlicher Weise auftraten (vgl. Abbildung 2).
Warum sehen wir in diesen beiden Topics potentiell Entsagung thematisiert, obwohl Worte wie ›entsagen‹,
›verzichten‹ oder Abwandlungen darin nicht enthalten sind? Sowohl die
Beschäftigung mit dem Konzept allgemein als auch die Lektüre der in der
Forschung in dieser Hinsicht besprochenen Primärtexte weisen darauf hin,
dass Entsagung immer auch eine gesellschaftliche
bzw. gesellschaftsbildende Funktion hat, das heißt den Menschen und seine Eigenschaften und Neigungen (›wollte‹) und Einschränkungen (›sondern‹, ›ohne‹,
›gegen‹, ›einige‹) in Bezug auf das Ganze bzw.
die Gesellschaft verhandeln. Zudem wird Entsagung bei Goethe zu einem pädagogischen, das
gesamte Leben betreffenden Prinzip, das man
zunächst der Jugend beibringt: Somit hat Entsagung immer auch eine chronologische
Komponente (›Zeit‹, ›bald‹). Schließlich lässt sie sich bis auf
Wortebene besonders in Negationen (›ohne‹, ›gegen‹, ›nichts«), aber auch
in relationalen Ausdrücken (›mehr‹, ›etwas‹, ›alles‹) und ihren
Abwandlungen finden. Die beiden ausgewählten Topics scheinen diese
unterschiedlichen Aspekte von Entsagung in sich
zu vereinen. Damit kann auch die von Schruhl formulierte
Behauptung bestätigt werden, dass eine angemessene Integration und
Verwendung quantitativer Verfahren
Entsagung bedarf, d. h. ein entwickeltes und
reflektiertes Konzept von Entsagung ist vonnöten,
um eine derartige Integration leisten zu können.
Schaut man auf die Verteilungswerte dieser beiden Topics in den 60 Texten, ergibt sich folgendes Bild (vgl. Abbildung 3 und Abbildung 4):
Wir sehen, dass die beiden Topics in den kanonisierten Prosatexten, die
in der Forschung bereits mit Entsagung in
Verbindung gebracht werden, stark vertreten sind (hier türkis
eingefärbt). Insbesondere Topic 15 zeigt diesbezüglich eine starke
Tendenz. Lediglich das Epos Entsagung einzubeziehen sind.
Wie sind diese Ergebnisse zu interpretieren und welche Probleme können
sich bei der kritischen Reflektion der Interpretation des angewendeten
Verfahrens ergeben? Es ist auffällig, dass die stilometrische Analyse
und das Topic Modeling zu vergleichbaren Ergebnissen kommen, obwohl die
Methode der Stilometrie die häufigsten Wörter betrachtet, die häufigsten
der häufigen Wörter im Topic Modeling aber auf einer Stoppwortliste
gesammelt und somit (neben weiteren Wörtern) von der Analyse
ausgeschlossen werden. Der Fokus der beiden Methoden liegt damit auf
unterschiedlichen Daten. Eine Erklärung dafür
ist, dass die beiden hervorgehobenen Topics auch viele Wörter enthalten,
die in anderen Topic-Modeling-Ansätzen ebenfalls der Stoppwortliste
hinzugefügt worden wären. Nur die dezidierte Forschungsfrage und das
literaturwissenschaftliche Wissen über Entsagung
bei Goethe hat in diesem Fall dazu geführt, diese Wörter – die auch zu
den im stilometrischen Ansatz untersuchten häufigen Wörtern zählen –
nicht auszuschließen. Eine andere Interpretation – für die es jedoch
bislang keinen Beweis gibt – wäre, dass Entsagung
bei Goethe primär in solchen Texten stattfindet, die sich auch
stilistisch (im Sinne der Stilometrie) ähneln.
Jannidis beobachtet: Schon früh ist den Fachwissenschaftlern, die mit
Computerlinguisten und Informatikern an Topic-Modeling-Projekten
arbeiten, aufgefallen, dass auch Worte, die aufgrund von bestimmten
rhetorischen Strukturen auftauchen, als ›Thema‹ zusammengefasst
wurden.
Diese rhetorischen Strukturen gehen jedoch schnell verloren, wenn man
beispielsweise ausschließlich Topics aus Substantiven bildet (wie z. B.
JockersEntsagung ist dafür
ein Beispiel) jedoch keineswegs nur in Substantiven, sondern vor allem
in Handlungen (bzw. bei Entsagung: in der
Unterlassung von Handlungen) wiederfinden,entsagen weist
auf 200 Belege in Goethes Werk hin. Der Eintrag Entsagung weist
auf 23 Belege (ohne rhetorische Strukturen hinweisen,
besonders interessant.
Es zeigt sich ferner, dass eine komplexere Semantik, wie beide der hier
thematisierten Konzepte sie aufweisen, mit den beiden Methoden nur
partiell bzw. gar nicht zu greifen sind. Selbst die beiden potentiellen
Entsagungs-Topics sind nur mit
interpretatorischem Aufwand als solche zu erkennen. Über mögliche
ironische Textpassagen in Goethes Werken konnten weder der
stilometrische Ansatz noch das Topic Modeling Erkenntnisse
produzieren.
Ferner haben die beiden Methoden keine Antwort zu der übergeordneten
Frage nach den Werkphasen gebracht. Goethes Altersstil, der mit
stilometrischen Methoden auch unabhängig von Entsagung
oder Ironie untersucht werden kann,Entsagung und Ironie scheinen jedoch
weder stilistisch (im Sinne der Stilometrie) noch thematisch (im Sinne
des Topic Modeling) virulent genug zu sein, um als grundlegende
definitorische Komponenten von Goethes Alterswerk herangezogen werden zu
können. Der
Um in einem großen Textkorpus ein sich – zumindest auch – inhaltlich
niederschlagendes Konzept (wie es die Entsagung
ist) zu entdecken, hat sich die Methode des Topic Modeling als hilfreich
erwiesen. Neben den bekannten Texten rücken Entsagung thematisieren.
Insgesamt werden bei diesem ersten Durchgang jedoch auch die Grenzen des
Ironie ist in einem solchen
Ansatz nicht greifbar. Unabhängig von ihrem inner- wie außertextuellen
Kontext lässt sich Ironie nicht erkennen: Was
häufig schon für Literaturwissenschaftlerinnen und
Literaturwissenschaftler nur mit besonderen Voraussetzungen machbar ist,
scheint für den Computer unmöglich.
Für eine nähere Untersuchung der beiden Konzepte verspricht ein digital
unterstütztes Entsagung und Ironie treffen zu können. Die
beiden
Die im scaling down, sondern ebenso ein scaling up, mit verbesserter
Datengrundlage. Es gibt für die Annotierenden bei diesem Verfahren keine
andere Möglichkeit als die Texte genau zu lesen (
Der Vorteil des vorangegangenen nur die für
die beiden Konzepte als besonders relevant klassifizierten. Da dies aus rein
pragmatischen Gründen nicht praktizierbar ist, haben wir aus den als
relevant klassifizierten folgende sieben Texte ausgewählt: Entsagung und Ironie in
dramatischen Texten würde erneut die Konzeption spezifischer Tagsets,
Guidelines und persönliche Anleitungen erfordern, sodass die
gattungsübergreifende Analyse der beiden Konzepte an diesem Punkt ebenfalls
vertagt werden musste.
Die Operationalisierung – hier nun in Form von manuellen Annotationen –
von zwei semantisch derartig komplexen Konzepten wie Entsagung und Ironie erweist sich
aufgrund der immer noch verhältnismäßig umfangreichen Textgrundlage als
problematisch. Man möchte einerseits vergleichbare Daten erzeugen,
andererseits die Gefahr einer Entsagung und Ironie. Die Studierenden
wurden mit den beiden Konzepten sowie den Annotationskategorien
(das heißt den Tagsets) vertraut gemacht und haben anschließend mithilfe
von Annotationsguidelines in Zweierteams jeweils die gleichen Texte
gelesen und annotiert. Durch diese doppelte Annotation werden
widersprüchliche Interpretationen oder auch unterschiedliche
Verständnisse der einzelnen Annotationskategorien direkt sichtbar und
können diskutiert werden, sodass die Arbeitsweise einerseits einen
Dialog sowohl über die Konzepte als auch über die Annotationskategorien
erzwingt. Andererseits macht sie die Ergebnisse in gewisser Weise
intersubjektiv nachvollziehbar und den Forschungsdiskurs im Digitalen
sichtbar.
Die kürzeren Texte und die
Um semantisch komplexe Konzepte für die Annotation zu operationalisieren,
müssen diese zunächst in eine
Wie sehen nun die Tagsets für Entsagung und Ironie aus? Zur Erarbeitung von Kategorien haben
wir vor dem Hintergrund der Auseinandersetzung mit der entsprechenden
Forschungsliteratur zunächst zwei Arbeitsdefinitionen der Konzepte
selbst entwickelt. Nach dem ersten Schritt – der Vereinbarung, bei Entsagung und Ironie
generell von Konzepten zu sprechen (siehe Abschnitt 1) – ist diese
definitorische Modellierung im Kontext digitaler manueller Annotation
der zweite Schritt der Operationalisierung, und adressiert das Desiderat
der bislang mangelhaften Konzeptualisierung.
Die Arbeitsdefinition und damit auch das Tagset für Entsagung verfahren dabei abstrahierend und zergliedern den
Prozess des Entsagens und den daran beteiligten Dimensionen in einzelne
Einheiten. Entsagen wird dadurch, in Anlehnung an die Bestimmungen im
Goethe-Wörterbuch, zur performativen Handlung, die zwischen Figuren,
zwischen Erzählinstanz und Figuren oder zwischen Erzählinstanz /
Autor*in und Leser*innen stattfinden kann. Mit der Operationalisierung
rückt aufgrund der formalen Strukturen vor allem die narratologische
Betrachtung des Entsagungskonzepts in den Vordergrund. Entsagung bezeichnet das Phänomen der Aushandlung zwischen affektiv
motivierter, kurzfristig und unmittelbar realisierter Aneignung
eines definierten Objekts einerseits, und dem durch Verzicht
erworbenen mittelbaren Anspruch auf langfristigen, zunehmend
abstrakten ideellen Gewinn andererseits. Die Arbeitsdefinition
versucht insbesondere den generischen Charakter des Entsagungskonzepts
vom Liebes- und Genussverzicht zur enthaltsamen Lebensethik angesichts
der Moderne abzubilden. Diegetische und ästhetische Entsagung beziehen
sich auf unterschiedliche Kommunikationsebenen: Diegetische Entsagung
findet zwischen Figuren statt, ästhetische zwischen Erzählinstanz und
Leser*in.
Ironie hingegen ist keine Handlung, sondern
vielmehr Haltung und kann nicht in mehrere Schritte eines Prozesses
zergliedert werden. Definition und Tagset für Ironie beinhalten daher eine Konzeptualisierung, die außerhalb
der Goetheforschung erarbeitet wurden,Ironie aus
unterschiedlichen Perspektiven. Dazu kommt, dass Goethe sowohl als
ironisch im Sinne der Romantik gelesen wurde,Ironie attestiert bekam, die dezidiert nicht romantisch
war.Ironie ist eine Form des uneigentlichen Sprechens. Sie
bezeichnet vor allem eine Aussage, die das Gegenteil des Gesagten
meint (rhetorische Ironie), bezieht sich zudem auf Ereignisfolgen
unabhängig von einem Subjekt (objektive Ironie), ist gelegentlich
nur durch größere strukturelle Textzusammenhänge erschließbar
(illokutionäre Ironie), oder bezieht sich auf eine künstlerische
(Selbst-)Reflektion im Zuge einer philosophisch-literarischen
Haltung (romantische Ironie). Die Arbeitsdefinition versucht
sich an Bahrs Annahme anzunähern, dass Goethe [...] in die Geschichte
der Entwicklung der literarischen Ironie im 18. Jh. [gehöre], weil er
einen entscheidenden Beitrag zu deren Umbildung von der rhetorischen
Redefigur zur Form der literarischen Aussage geleistet hat.
Darauf aufbauend haben wir den Annotierenden für Entsagung folgendes Kriterienset bzw. Tagset zur Verfügung
gestellt:
1: Regulierende Instanz
2: Modus der Regulierung
3: Bezugsbereiche der Regulierung
4: Ästhetische Indikatoren
Ironie wurde mithilfe dieses Tagsets
annotiert:
1: Rhetorische Ironie
1.1: Objektive Ironie
1.2: Textfunktionale / illokutionäre Ironie
2: Romantische Ironie
Über diese beiden (auch strukturell unterschiedlichen) Tagsets, ihre
einzelnen Tags, die diversen Perspektiven, die sie gegenüber den
verhandelten Konzepten einnehmen und respektive die von den jeweiligen
Kategorien erzeugten unterschiedlichen Daten ist ein eigener
Forschungsbeitrag geplant, in dem auch die quantitative Auswertung und
Interpretation der Annotationen en détail vorgenommen werden soll. Dabei
zeigt sich, dass die beiden Annotatorinnen in Entsagung vergeben haben.
Wie auch Gius / Jacke betonen, können Tagsets in einem
philologisch-kollaborativen Annotationsprozess nur unter Anleitung, mit
Hilfestellung und mittels klarer Vorgaben einheitliche oder
vergleichbare Daten erzeugen.
Die folgenden generellen vier Regeln bieten sich daher für die kollaborative Verwendung von Tagsets an:
Für das Entsagungs-Tagset gaben wir außerdem den
generellen Hinweis, dass man häufig an einzelnen Textstellen die
Kategorien I–III annotieren könne, da sie unterschiedliche Aspekte von
Entsagung betrachten und es sich daher
potentiell anböte, Kategorie IV zuerst zu annotieren. Ähnlich wie die
ästhetischen Indikatoren im Entsagungs-Tagset
funktionieren die Ironiesignale, weshalb wir die
Regel aufgestellt haben, dass diese bei jedem Vorkommen im Text
unabhängig von einer inhaltlich feststellbaren Entsagung / Ironie zu annotieren
seien.
In der Erarbeitung von Guidelines für kollaboratives Annotieren sollte darauf geachtet werden, für jeden Tag bzw. für jede Gruppe von Tags eine Definition bereitzustellen. Zusätzlich gaben die Studierenden die Rückmeldung, dass es sehr hilfreich sei, wenn zu jedem Tag ein konkretes Textbeispiel genannt wird.
Die manuelle taxonomiebasierte Annotation als Entsagung und Ironie sehr viel näher zu kommen als vom
konkreten semantischen Gehalt einzelner Textpassagen abstrahierende
Einerseits eröffnet die Methode die Möglichkeit, den
literaturwissenschaftlichen Arbeitsprozess der Annotation (und nicht nur
die zusammengefassten Ergebnisse dieses Prozesses) sichtbar zu machen.
Zu jeder einzelnen Annotation finden sich zudem häufig ebenfalls digital
hinterlegte Kommentare, welche die Entscheidungsgründe, die zu dieser
Annotation geführt haben, beleuchten. Durch die zweifache Annotation
jedes Textes lassen sich zudem leicht eindeutige, weniger eindeutige und
widersprechend annotierte Textpassagen ausmachen. Im Gegensatz zum in
der interannotator agreements
gibt es in der literaturwissenschaftlichen
Annotation das Phänomen der legitimate conflicting annotations
.
Andererseits geht die Methode einher mit einem sehr großen Aufwand und es sind häufig pragmatische Gründe, die zu eingeschränkter Ergebnisqualität führen. Die Integration der digitalen Annotation in die literaturwissenschaftliche Lehre geht mit folgenden Problemen einher:
Diese Probleme sind besonders virulent, wenn ein überdurchschnittlich
langer Text annotiert wird, der nicht von nur zwei Annotierenden jeweils
vollständig bearbeitet werden kann, wie die
Die große Menge an erzeugten Metadaten führt ferner zu einer
Auswertungsproblematik. Da die Menge der Textdaten nicht mehr zu
überschauen ist, bleibt entweder die punktuelle Auswertung und
Interpretation (
Der vorliegende Beitrag versucht zwei Brückenschläge: zwischen den DH und der
(germanistischen) Literaturwissenschaft im Konzeptionellen, und zwischen
zwei literaturwissenschaftlichen Kategorien mithilfe digitaler Methoden im
Exemplarischen. Wir schlagen das methodische Vorgehen des Entsagung und Ironie
zu operationalisieren ebnet beispielsweise den Weg hin zu einer Klärung des
Verhältnisses der beiden Konzepte bei Goethe. Gleichzeitig gibt gerade die
bisweilen widerständige Übertragung der Konzepte in messbare operable
Einheiten Aufschluss über ihren spezifischen Charakter.
Ferner wird mit der Operationalisierung auch eine Beschäftigung mit dem
praxeologischen Gehalt von literaturwissenschaftlichen Arbeiten notwendig,
die zur epistemischen Selbstaufklärung
Entsagung und Ironie formen in diesem Sinne Leitfragen des
Erkenntnisinteresses – ein Prozess, der inhaltlich keineswegs als
abgeschlossen gelten kann. Um die Frage der Korrelation semantisch komplexer
Konzepte zu beantworten, reicht keine Exploration, sondern es bedarf
umfangreicher qualitativer Metadaten. Die Distribution potentiell relevanter
Werke geht über den Kanon hinaus und kann bereits in der Exploration auf
weitere Texte hinweisen. Aufgrund der breiten Streuung der beiden Konzepte
im Gesamtwerk lässt sich auch die Frage nach einer Konzeptgenese bislang
noch nicht beantworten. Eine Auswertung der erzeugten qualitativen Metadaten
verspricht hier weitere Erkenntnisse.
Gezeigt hat das Entsagung und Ironie auch
in Bezug auf eine mögliche Operationalisierung unterschiedlicher Art sind.
Während mit dem Entsagungs-Topics gefunden werden konnten, war eine
solche explorative Erkenntnis in Bezug auf Ironie
nicht möglich. Die von uns aufgestellte Hypothese, dass die beiden Konzepte
entweder dem Operationalisierungsszenario 2 oder 3 (nach Trilcke / Fischer)
zuzuordnen sind, müsste folglich umgeformt werden: Entsagung ist partiell operationalisierbar (Szenario 2), Ironie hingegen scheint eher ein Konzept aus Szenario
3 zu sein (nicht messbar). Die zentrale Differenz zwischen Zahlen und
Bedeutung
Wenn wir Entsagung als partiell messbar bezeichnen,
muss diese Aussage dahingehend eingeschränkt werden, als dass es sich in dem
verhandelten Beispiel um Entsagung bei Goethe
handelt. Möchte man Entsagung oeuvreübergreifend als
Epochendiskurs operationalisieren, bildet das Goethekorpus zwar einen
geeigneten Ausgangspunkt, kann jedoch nicht als hinreichend für diese
Aufgabe klassifiziert werden.
Eine pragmatische Schwierigkeit führt zu einer weiteren offenen Frage in
Bezug auf die exemplarische Problemstellung. Während wir sowohl die Methoden
als auch die Analyseergebnisse der beiden
distanzierte Blick auf Textsammlungen bildet einen genuinen
digitalen Beitrag in literaturwissenschaftlichen Debatten, der es wert ist,
weiter verfolgt zu werden.
Auch für das Beispiel Entsagung und Ironie bei Goethe ergeben sich weitere Arbeitsfelder, um die
Konzepte näher zu bestimmen. Die Entwicklung von spezifischen Tagsets für
die Annotation von Dramen oder auch die Analyse lyrischer Texte wie
Mit Blick auf den Status der DH in der traditionelleren Literaturwissenschaft
kann angenommen werden, dass die Dichotomie von qualitativen und
quantitativen Methoden zugunsten von synthetischen Methodenkombinationen
überwindbar ist. Wir plädieren daher für weitere Versuche der
Operationalisierung von komplexen Merkmalen. Denn gerade in den
Übergangszonen von vermeintlichen